Üplinger Oktogonkirche
Die Üplinger Oktogonkirche ist wegen ihres achteckigen Baustils ein weithin bekanntes und besonderes Bauwerk. Das 1786/88 gebaute barocke Gebäude wurde in den zurückliegenden Jahren umfangreich saniert und wird jetzt unter anderem auch für kulturelle Veranstaltungen genutzt. Sie gehört dadurch zu den verborgenen Schätzen an der "Straße der Romanik".
Obwohl die Üplinger Kirche mit ihren vielleicht 15 Metern nicht so übermäßig hoch ist, fällt sie bei der Anfahrt dennoch frühzeitig ins Auge. Ganz besonders bei klarem Wetter. Denn dann spiegelt sich die Sonne in der vergoldeten Wetterfahne kräftig wider, was aus allen Himmelsrichtungen sehr gut zu sehen ist. Dieses Gold wurde 2019 frisch aufgetragen, als die bereits in den 1990er Jahren begonnene Sanierung dieses historischen Gebäudes fortgesetzt und nun nahezu beendet worden ist. Dabei hat jetzt nicht nur die Wetterfahne nebst Kugel neues Gold bekommen, sondern auch die Turmhaube neue sowie aufpolierte Schieferziegel. Außerdem ist die achtflächige Kirchenfassade nunmehr picobello.
Ja, bei der Üplinger Kirche handelt es sich nicht um eine herkömmliche Kirche mit Schiff und Turm, sondern um einen kompackten achteckigen Zentralbau. Weshalb sie eine ganz besondere, nämlich dieser acht Ecken wegen eine Oktogonkirche ist. Von denen es weltweit so viele nicht gibt. Die bekanntesten Oktogonkirchen sind der Felsendom in Jerusalem, die Karlshofkirche in Prag und der Aachener Dom.
Diese Gotteshäuser, vielleicht aber auch den Essener Dom, die Burg Egisheim im Elsass oder die Capella dei Principi in Florenz, wird wohl seinerzeit Georg Wilhelm Wahnschaffe (1710 bis 1791) zum Vorbild genommen haben, als er 1786 den Bau der Üplinger Kirche im barocken Stil in Auftrag gegeben hat. Mit den weiteren Vorgaben, einen Sandstein-Sockel zu benutzen und den Eingang an der Nordseite anzulegen. Was schließlich alles zwei Jahre später erledigt war und somit diese Kirche 1788 eingeweiht worden ist.
Der einstige Mühlenbesitzer Wahnschaffe, der 1764 aus dem niedersächsischen Frellstedt nach Üplingen gekommen war, um hier das Rittergut zu kaufen, auszubauen und zu bewirtschaften (siehe Tourismusobjekt „Stiftsgut Üplingen“), hat aber nicht nur den Oktogon-Stil sowie Sockel und Eingang vorgegeben, sondern zudem für den einen oder anderen ganz persönlichen Akzent gesorgt. So gibt es beispielsweise außen ein Relief mit Wahnschaffes Initialen sowie zwei von ihm ausgesuchte Sinn-Sprüche.
Und im Innenraum, der als weitere Besonderheit nicht achteckig, sondern rund gestaltet ist, ist unter anderem der Altar im bräunlichen Ton gehalten, hatte doch Wahnschaffe ein besonderes Verhältnis zur Landwirtschaft, also zur braunen Muttererde. Überdies hat Georg Wilhelm Wahnschaffe, der nicht nur der Gutsbesitzer, sondern der nach überwundenen Problemen mit dem angestammten Adel der Umgebung auch später Braunschweigisch-Lüneburgischer Drost, sprich so etwas wie ein Amtmann oder Landrat für die Region war, unter dem Kirchengebäude eine Familiengruft mit Eingang auf der Westseite bauen lassen. In der bis heute Georg Wilhelm Wahnschaffe selbst, sowie seine Schwiegertochter Henriette Wahnschaffe (1769 bis 1805) ihre Ruhestätten haben. Die beiden aufgebahrten Eichensärge sind auch nach weit mehr als 200 Jahren im nahezu tadellosen Zustand. Wie es inzwischen auch wieder die gesamte Gruft ist. Denn als die Kirche von 1999 bis 2012 sowohl innen als auch außen umfangreich saniert worden ist, hatten sich die Bauarbeiter und Handwerker auch diese Gruft vorgenommen.
Das alles im Auftrag der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz (Braunschweig-Stiftung), der die Kirche seit 1994 gehört. Genauer gesagt, wieder gehört. Denn bereits 1818 war die Kirche nach den unruhigen Zeiten der Europäischen Koalitionskriege als ein Ergebnis des Wiener Kongresses Eigentum des Herzogtums Braunschweig geworden. Um dann 1934 vom inzwischen Freistaat Braunschweig an jene Braunschweig-Stiftung übertragen zu werden. 1945 musste die Stiftung im Ergebnis der Nachkriegsordnung die Kirche wieder abtreten, die genauso wie das gesamte Gut zunächst den Stiftsgütern des Landes Sachsen-Anhalt unterstellt, später Eigentum des Üplinger Volkseigenen Gutes sowie in den 50er Jahren entweiht und so gut wie ihrem Schicksal überlassen wurde. Überliefert sind lediglich einige in den 60er Jahren vorgenommene Notreparaturen. So dass die Kirche mächtig marode war, als sie 1990 zunächst von der Treuhand in Obhut genommen und dann 1994 der Braunschweig-Stiftung zurückgegeben wurde. An diesem Zustand änderte sich auch nicht so sehr viel, als sich der erste Gutshof- und Kirchen-Pächter der Nachwendezeit an einer Restaurierung versuchte.
Erst als 1999 die Braunschweig-Stiftung reichlich Geld in die Hand und in Zusammenarbeit mit der Stiftungsgut Üplingen GbR, also mit dem heutigen Guts-Pächter beziehungsweise Guts-Eigentümer, die Sanierung der Kirche so richtig in Angriff genommen hat, wurde aus dem sehr heruntergekommenen Gebäude ein Kleinod. Dabei ist nicht nur die Bausubstanz selbst einschließlich der Fenster und der Gruft erneuert, gesichert und verschönert worden, sondern auch die Ausstattung der Kirche. Wie beispielsweise der Altar, die Empore, die Treppe zur Empore oder auch die eine oder andere Kirchenzelle, in denen einst während der Gottesdienste die Adligen oder andere hochgestellte Personen ihre Plätze hatten. Zudem ist das Umfeld der Kirche neu gestaltet worden.
Die Wieder-Einweihung all dessen haben die Üplinger 2002 mit vielen Gästen gefeiert. Seither findet hier ab und an ein Gottesdienst, auch mal eine kirchliche Trauung, finden aber vor allem Konzerte, Vorträge oder auch Feste statt. Beispielsweise ist es die Singgemeinschaft des Nachbarortes Warsleben, die hier seit Jahren vor jeweils mehr als 100 Besuchern Muttertags- und Weihnachtskonzerte gibt.
Bisher steht den Musikern jedoch für diese Konzerte hier keine Orgel zur Verfügung, müssen sie sich also alle Instrumente mitbringen. Denn die einstige Kirchenorgel, die der Helmstedter Orgelbauer Daniel Boden 1790 eingebaut hatte, ist während der DDR-Zeit in Einzelteilen ins Kloster Michaelstein bei Blankenburg im Harz gebracht worden. Inzwischen sind diese Einzelteile wieder in Üplingen und haben die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz gemeinsam mit der Stiftungsgut Üplingen GbR vor, diese wertvolle Orgel in den nächsten Jahren zu restaurieren und wieder einzubauen.
Das alles und noch sehr viel mehr gibt es für Besucher zu hören und vor allem zu sehen, die nach Üplingen kommen und sich hier von Marianne Matthes durch den Ort führen lassen. In gut zwei Stunden geht es mit der Üplingen-Expertin nicht nur in die Kirche nebst Gruft, sondern unter anderem auch durch das Dorf, ins Gutshaus, in dessen Nebengebäude, in die einstige Guts-Brennerei und durch den Üplinger Park.