Germania-Denkmal Gröningen
Seit 1872 steht gleich neben der Gröninger Martinikirche eine „Germania“. Für die Sanierung der fünf Meter hohen Statue anlässlich ihres 150. Geburtstags sind 25 000 Euro zusammengetragen worden. Börde-Campus-Lehrerin Christina Friedrich ging und geht vor allem mit Schülern der Klassen 6 uns 8 der Bedeutung von Denkmalen im Allgemeinen und der „Germania“-Statue im Besonderen nach.
Mit Wilhelm dem Ersten auf dem Thron und Otto von Bismarck auf dem Stuhl den Reichskanzlers, war das mit einer Verfassung ausgestattete Deutsche Kaiserreich als konstitutionelle Monarchie gut ein Jahr alt, als die Stadt Gröningen ihre „Germania“ bekam und sie gleich neben die Martinikirche gestellt hat. Also die Statue einer weitverbreitet bekannten Frauenfigur, die bereits in der Antike für die Völker Germaniens stand und seither immer wieder mit wechselnder Bedeutung und Symbolik dargestellt, gebraucht oder auch missbraucht worden ist.
So wurde die „Germania“ mal als glorreiche Kriegerin gezeigt und gedeutet, mal als „deutsche Mutter“, mal gemeinsam mit der „Italia“ als romantisches Sinnbild für eine Freundschaft zwischen Italien und Deutschland, oder auch mal als walkürenhafte Figur, die mit Schwert in der Hand den deutschen Rhein beschützt. Sie war also mal zum Krieg gerüstet und gab mal ein eher friedliches Bild der Verständigung und des Aufbruchs ab.
Die Gröninger sehen in ihrer „Germania“ vor allem die Friedensstifterin und begründen das auch: „Die Germania-Figur wirkt beschützend und friedensstiftend. Dies geht von ihrer heilbringenden Haltung aus, denn ihr rechter Arm ist nach unten gestreckt und die Hand geöffnet.“
Wie historische Dokumente belegen, wurde das Denkmal seinerzeit anlässlich der Wiedererrichtung des deutschen Kaiserreiches 1871 und zum Gedenken an die Gefallenen im deutsch-dänischen Krieg 1864, im Krieg mit Österreich 1866 und im deutsch-französischen Krieg 1870/1871 errichtet. „Auf der Brust erkennt man das Wappen des Deutschen Reiches, den Reichsadler, der mit einem Mittelschild belegt ist, in dem das preußische Staatswappen abgebildet ist. Das Mittelschild ist von einem schwarzen Adler mit Krone umgeben“, steht geschrieben.
Bekannt ist auch, dass Alexander Calandrelli, ein Berliner Künstler mit italienischer Herkunft und Lieblingsbildhauer der Hohenzollern, die Gröninger „Germania“ erstellt hat. Und zwar identisch mit seinen „Germania“-Statuen, die unter anderem die hessische Stadt Eltville und die bayrische Gemeinde Tettenweis von ihm besitzen. Diese „Germania“-Figuren bestehen allesamt aus Carrara-Marmor, „sind umhüllt von einer Tunika und einem darüber geworfenen Paludamentum (Mantel), der ein römischer Feldherren- und Soldatenmantel und vom römischen Kaiser häufig für Standbilder genutzt worden ist“, wie es in mehreren historischen Beschreibungen identisch steht.
Über all dies und über noch so sehr viel mehr, was konkret mit der „Germania“ und allgemein mit Denkmalen zu tun hat, informiert eine Sonderausstellung des Gröninger Museums, die nach dem Stand der Dinge im Frühjahr 2022 eröffnet und eine ganze Zeit zu sehen sein wird. Vorbereitet, erarbeitet, erstellt sowie präsentiert von Schülern aus dem Gröninger Börde-Campus und deren Lehrerin Christina Friedrich. Die auch ehrenamtliche Museumsleiterin ist und sich vornehmlich mit Mädchen und Jungen aus den Klassen 6 und 8 passend zum Lehrplan mit diesem Thema beschäftigt.
Das inzwischen zu einem großen Projekt geworden ist und aus dem nicht nur die besagte Ausstellung hervorgeht. Mit diesem Projekt haben Lehrerin und Schüler auch schon mit großem Erfolg an einem Wettbewerb der Deutschen Stiftung Denkmalschutz teilgenommen. So stehen ihnen fast 2000 Euro zur Verfügung, um das Forschungsvorhaben auszubauen und am Ende der Öffentlichkeit zu präsentieren. Zum einen als Museumsausstellung mit Informationstafeln, aber auch als Grundlage für einen Stadtrundgang durch Gröningen, als eigene Homepage und vielleicht sogar als Buch.
Auf dem Weg dahin begleiten und dokumentieren Christina Friedrich und ihre Schüler die Sanierungsarbeiten der „Germania“, erforschen die historischen Hintergründe, erstellen eine 3-D-„Germania“, beschäftigen sich mit Umwelteinflüssen auf Denkmale und wollen auch die eine oder andere offene Frage beantworten. Beispielsweise die nach den Geldgebern, die 1872 den bekannten Künstler Alexander Calandrelli nach Gröningen geholt und seine Arbeit bezahlt haben.
So dass also demnächst die „Germania“ nicht nur saniert ist. Überdies sorgt das Schul-Projekt dafür, dass die Gröninger selbst, aber auch die Besucher der Bodestadt noch weitaus besser über die „Germania“ und damit über die Geschichte Gröningens informiert sind.