Sankt Severus Kirche in Krottorf
Im 16. Jahrhundert ist in Krottorf eine Kirche gebaut und dem Heiligen Severus geweiht worden. Doch hat es mindestens eine Vorgängerkirche gegeben und hat das Gotteshaus das heutige Aussehen erst durch große Umbauarbeiten in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts bekommen.
Bei einem ersten Blick auf die Krottorfer Kirche Sankt Severus fallen die recht großen Fenster auf. Sowohl auf der Süd- als auch auf der Nordseite beginnen diese Fenster gut einen Meter über dem Boden und reichen bis fast unters Dach des Kirchenschiffes, wo sie mit einem gotischen Spitzbogen enden. Ein erhabener Anblick.
Den die Kirche ebenso innen bietet, nicht zuletzt dieser großen Fenster und ihrer teilweise sehr künstlerisch und bunt verzierten Scheiben wegen. Aber auch die weitere Innenausstattung gibt was her. Die mit reichlich Ornamenten verzierten Bänke beispielsweise, die aus dem selben Kiefer- und Eichenholz geschnitzt sind, wie die zweietagigen rustikalen Emporen. Die gemeinsam mit einer ganz oben von der Orgelbauanstalt Rühlmann aus Zörbig errichteten Orgel den hinteren Kirchenraum bestimmen. Während im vorderen Teil außer vier ebenfalls bunt gestaltete Fenster vor allem Altar, Kanzel und Taufstein ins Auge fallen. Wie zudem links und rechts zwei reliefartige und eine buntbemalte Tafel.
Bei diesen Tafeln handelt es sich um Grabsteine „hochedelgeborener“ Krottorfer aus den Jahren 1597, 1619 und 1743. Die jüngste dieser Tafeln bietet besonders reichlich Informationen über die verstorbene Maria Katharina Heningsen, die die Ehefrau des Amtsmanns Johann Heinrich Schwiege war sowie 51 Jahre, 3 Monate, 3 Wochen und 4 Tage gelebt hat.
Dass in Krottorf nicht nur in diesen drei Jahrhunderten, aus denen diese Grabsteine stammen, sondern in mehr als einem Jahrtausend reichlich Edelleute gelebt haben, ist zahlreichen historischen Unterlagen zu entnehmen, in denen viel zur Geschichte des Krottorfer Ritterguts zu erfahren ist. Unterlagen, die vor allem der 1929 in Krottorf geborene und 1953 in den Westen übergesiedelte Helmut Gummert Anfang der 1990er Jahre intensiv studiert und eine umfangreiche Arbeit zur Geschichte seines Heimatortes Krottorf erarbeitet und veröffentlicht hat.
Dieser Chronik ist beispielsweise zu entnehmen, dass im Jahr 1131 auf der ältesten vorhandenen Krottorfer Urkunde ein Adelshof erwähnt wird. Der aber nach Überzeugung von Helmut Gummert nicht die erste Ansiedlung im heutigen Ort Krottorf war, sondern Vorgänger hatte. Vor allem eine königliche Domäne, die im Laufe der Zeit auch Wasserburg, Schloss oder Rittergut genannt geworden ist. Denn diese Anlage wird Überlieferungen nach wohl im 9. Jahrhundert ihren Ursprung haben. Zu jener Zeit also, als die Gegend um den heutigen Ort Krottorf mit Blick auf unruhige Grenzen zu einem Schnittpunkt wichtiger Wege geworden ist. (weitere Informationen zur Burg Krottorf)
Dass sich der mittelalterliche Adel ein Domizil mit Wasserburg, Rittergut oder auch Schloss ohne Kirche eingerichtet hat, ist höchst unwahrscheinlich. So dass es wohl schon im 9. Jahrhundert, spätestens aber im 10. Jahrhundert in Krottorf eine erste Kirche, anzunehmen so etwas wie eine Kapelle gegeben hat. In den historischen Unterlagen ist jedoch erst 1131 zum ersten Mal von einer „Eigenkirche Krottorf“ die Rede, die seinerzeit der Schlossherr Graf Otto von Reveningen gestiftet hat.
Mitte des 14. Jahrhunderts ist jedoch die zu diesem Zeitpunkt schon bischöfliche Domäne beziehungsweise das Rittergut Krottorf zerstört worden. Möglicherweise dabei auch die Eigenkirche, gibt es doch aus den folgenden 150 Jahren keine Unterlagen, in denen etwas über Domäne oder Kirche geschrieben steht. Vielmehr wird in Dokumenten aus späterer Zeit berichtet, dass Anfang des 16. Jahrhunderts unter Regie des Bistums Halberstadt nicht nur die Domäne wieder befestigt und auf ihr das heutige Krottorfer Schloss, sondern zeitgleich auch eine neue Kirche als spätgotischer Bruchsteinbau errichtet und dem Heiligen Severus geweiht worden ist. Dann hat es auch nicht lange gedauert und die Reformation hat in Krottorf so einiges geändert. So ist aus erhaltenen Protokollen von kirchlichen Bestandsaufnahmen zu erfahren, dass 1546 in Krottorf mit Simon Mirica der erste evangelische Pfarrer bestellt wurde. Spätere Nachfolger waren unter anderem Johann Delius I. (1601 bis 1617) sowie dessen Sohn Johann Delius II., der bis 1656 im Amt war und unter dessen Regie damit begonnen worden ist, die Schäden, die im Dreizigjährigen Krieg an Kirche und anderen kirchlichen Gebäuden angerichtet worden sind, zu beseitigen.
Diese Schadensbeseitigung ist aufgrund der allgemeinen schwierigen Situation zunächst sehr bescheiden ausgefallen. Was sich erst in den 80er Jahren des 17. Jahrhunderts geändert hat, als sich die Bürger des Ortes für umfangreiche Baumaßnahmen an der Kirche, vor allem für den Bau eines neuen Glockenturms entschieden haben. Der aber nicht lange gestanden hat, sondern bereits 1693 bei einem großen Brand in Schutt und Asche gelegt wurde. Bei dem auch die Turmuhr zerstört worden und ein Glocke geschmolzen ist. Wie es überdies einige Schäden am Kirchengebäude gegeben hat, die jedoch umgehend beseitigt worden sind. Während es mit dem Bau eines neuen Turms etwas länger gedauert hat. Nicht zuletzt, weil der nicht wieder aus Holz, sondern aus Steinen als massiver Kirchturm errichtet werden sollte. Womit 1702 begonnen worden ist, um 1706 fertig zu werden. Sechs Jahre später hat der Turm eine neue Uhr bekommen.
Zuvor ist bereits ein neue Glocke im neuen Turm aufgehängt worden. Als Ersatz für das beim 1693er Brand geschmolzene Geläut. Wobei damit nicht das erste und auch nicht das letzte Glockenproblem der Krottorfer Kirche gelöst worden ist. Sind doch beispielsweise bereits im Dreizigjährigen Krieg drei Glocken geraubt worden. Später sind neu angeschaffte Glocken nicht nur einmal gesprungen und mussten eingeschmolzen sowie neu gegossen werden. Und 1944 wurden zwei der drei zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Glocken von den Nazis für die Waffenproduktion konfisziert.
Aber zurück in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts, in der die Kirche unter anderem einen neuen Altar, eine neue Kanzel und Emporen bekommen hat. Und 1766 eine neue Orgel, die bei einem Halberstädter Orgelbauer in Auftrag gegeben worden ist. Später hat die Orgelbauanstalt Wilhelm Rühlmann aus dem heute sachsen-anhaltinischen Zörbig das Instrument umgebaut und in den heutigen Stand versetzt, weshalb sie nun eine Rühlmann-Orgel ist, die aber in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts noch einmal aufwendig repariert wurde.
Noch aufwendiger war die wenige Jahre später vorgenommene Neugestaltung des Kirchengebäudes. Eigentlich war ja 1836 nur vorgesehen, das Kirchendach zu erneuern. Doch hatten sich die zuständigen Kirchengremien dann kurzfristig entschieden, das gesamte Gotteshaus umzubauen. Mit der Folge, dass beispielsweise der Eingang verlegt worden ist und seither im Süden durch den Turm führt. Zudem ist eine neue Sakristei gebaut und sind vor allem die meisten Kirchenfenster reichlich vergrößert worden.